Anforderungen an die Haltung und Bedeutung für die Gesundheit des Pferdes
Das gesamte Verhalten des Pferdes ist an das Leben als Flucht- und Herdentier in den Weiten der Steppe angepasst. Das Leben in der Herde mit vielen aufmerksamen Mitgliedern bietet dem Pflanzenfresser Pferd viel besseren Schutz vor Fressfeinden als das Leben als Einzelgänger. Innerhalb der Herde gibt es eine klare Hierarchie, an deren Spitze ein sozial starkes Leittier steht. Dabei ist die Position innerhalb der Herde nicht in Stein gemeißelt, sondern kann sich im Laufe der Zeit verändern. Das Alter der Pferde und die Dauer der Gruppenzugehörigkeit spielen eine wichtige Rolle bei der Rangordnung. Diese Veränderbarkeit der Rangordnung zwischen den Pferden muss sich der Mensch im Umgang immer wieder vor Augen führen. Für das Pferd ist der Mensch ein Teil der Herde und sollte als ranghöheres Mitglied akzeptiert sein, um gefährliche Zwischenfälle zu vermeiden. Dafür muss der Mensch die „Sprache“ des Pferdes kennen und seine eigene Körpersprache bewusst und klar verständlich einsetzen. Es gehört also zum „Reiten lernen“ unbedingt dazu, sich mit der Mimik und Körpersprache des Pferdes vertraut zu machen.
Das Pferd hat sich im Laufe der Entwicklung optimal an das Leben als Fluchttier angepasst. Durch hochsensible Sinnesorgane und große Schnelligkeit kann es Gefahren rechtzeitig erkennen und flüchten. Dabei ist der Fluchtinstinkt bei Pferden unterschiedlich stark ausgeprägt, aber immer präsent – eine Tatsache, die der Mensch im Umgang und in der Ausbildung stets berücksichtigen muss.
In seinem natürlichen Lebensraum ist das Pferd als Steppentier bis zu 16 Stunden pro Tag mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt. Dafür legt es hauptsächlich im Schritt bis zu 40 Kilometer täglich zurück. Der Verdauungsapparat ist auf diese kontinuierliche Nahrungsaufnahme eingestellt: Lange Fresspausen von mehr als vier Stunden können zu gesundheitlichen Problemen führen. An das Leben in der Steppe hat sich das Pferd auch äußerlich perfekt angepasst: So toleriert es große Temperaturschwankungen und fängt den erhöhten Energiebedarf im Winter mit einem dichten Winterfell ab. Dabei fühlt das Pferd sich im Bereich von +25 bis -15 Grad Celsius am wohlsten. Wer einmal Pferde auf der Weide beobachtet, wird schnell feststellen, dass Wind und Wetter die Tiere nur selten zum Unterstand treiben, wohl aber die pralle Mittagshitze im Hochsommer und die damit einhergehenden Insekten.
Komfortverhalten
Wie jedes Lebewesen streben auch Pferde im Sinne des individuellen Erhaltungstriebes nach Wohlbefinden und Gesunderhaltung. Wälzen, scheuern, kratzen und gegenseitiges Fellkraulen dienen der Körperpflege und Hygiene. Sich sonnen und Klimareize regen zudem den Stoffwechsel an.
Erkundungsverhalten
Wenn Flucht eine Überlebensstrategie ist, sollte man seine Umgebung genau kennen. Deshalb sind Pferde von Natur aus neugierig. Sie erkunden und beobachten ihre Umgebung, um echte Gefahren zu erkennen. Schließlich möchten sie sich nicht unnötig erschrecken und ohne Not Weglaufen.
Ausscheidungsverhalten
Pferde sind saubere Tiere. Sie koten und urinieren nicht in Futternähe oder in ihrem Liegebereich. Und wenn sie urinieren, dann immer auf weichen Untergrund. Pferde mögen es nicht, wenn es spritzt. Und sie können Zeichen setzen – mit Pferdeäppeln etwa. Hengste markieren damit zum Beispiel ihr Revier.